Surfen auf der grünen Welle …

Aus der Reihe „Neues vom Grünschreiber“

surfen auf der grünen Welle
Thorben Wengert / pixelio.de

Das Internet bietet beinahe unendliche Möglichkeiten. Man kann sich massenhaft Informationen beschaffen, kann einkaufen, nach den günstigsten Angeboten suchen, nach Testberichten Ausschau halten. Man kann Nachrichten verschicken und empfangen, die oft innerhalb von Sekunden vom Sender zum Empfänger gelangen.
Auch für eine nachhaltige Lebensweise ist das Internet auf den ersten Blick eine ideale Sache. Zunächst einmal ist es nicht mehr nötig, Unmengen an Briefen durch die Welt zu schicken, sondern man kann die Nachrichten einfach per Mail versenden. Gleiches gilt auch für die Printmedien. –Zeitungen werden immer öfter durch ein E-Paper ersetzt. Das spart Papier, Druckmaterialien und Transportwege. Gerade die Umweltbewegung kann mit Hilfe des Internet Massen mobilisieren, Mail-Proteste, Online-Petitionen und Demonstrationen vor Ort organisieren. Menschen können sich sehr leicht informieren und ihr Handeln entsprechend nachhaltig ausrichten. Allgemein ist das Internet auch in der Lage, Menschen zusammen zu führen, ohne dass sie von A nach B reisen müssen. So sind Konferenzschaltungen zwischen Menschen in Deutschland, China und den USA recht einfach zu verwirklichen und Anfahrtswege werden dadurch gespart.
Soweit die Theorie. Die andere Medaille des Internet sieht leider jedoch nicht mehr so nachhaltig und umweltfreundlich aus.
Wussten sie, dass Unmengen an Strom nötig sind, um die Server der großen Rechenzentren zu betreiben und vor allem zu kühlen? Dieser Strom stammt in den meisten Fällen aus konventionellen Quellen, also aus Kohle- oder Atomstrom. Klimaforscher haben anhand von Daten des Prognos-Instituts und des Umweltbundesamtes errechnet, dass der Betrieb des Internet alleine in Deutschland für etwa 4 Millionen Tonnen CO² verantwortlich ist, was zwischen 2 und 3 Prozent des Gesamtausstoßes pro Jahr bedeutet. Die Studie stammt aus 2010, weshalb die Zahlen wohl eher höher liegen dürften.
Der „New Scientist“ berichtete, dass beispielsweise jede Suchanfrage bei Google etwa dem Ausstoß von 200 Milligramm CO² entspricht. Da bei Google monatlich Milliarden Suchanfragen stattfinden, ist abzusehen, dass hierdurch Unmengen an Treibhausgas erzeugt werden.
Und das ist nur die Spitze des immer weiter wachsenden „Eisberges“. Das Internet weitet sich aus und mit ihm der höhere Stromverbrauch.
Das Internet bewirkt auch, dass zunehmend Produkte online bestellt werden. Dies ist nicht zwingend ein Nachteil, doch sollte man immer eines bedenken: Der Händler um die Ecke hätte die Produkte auch zu bieten, er möchte weiterhin existieren und vor allem ist der Transport von online bestellten Produkten oftmals weitaus klimaschädlicher, als der Kauf direkt beim Händler um die Ecke. Er kann einerseits größere Mengen ordern und erhält aus einem Verteilzentrum beispielsweise gleich 10 von verschiedenen Kunden bestellte Bücher in einer Lieferung.

Die oben erwähnten positiven Aspekte des Internet gleichen die negativen oftmals nicht einmal aus. Das hängt damit zusammen, dass beispielsweise der Mailversand zwar papierfrei ist, dass Mails jedoch oftmals trotzdem ausgedruckt werden, nur um etwas in der Hand zu haben. Zwar besteht die Möglichkeit von Konferenzschaltungen für Meetings zwischen Menschen aus den USA, China und Deutschland. Aber oftmals fliegen die Personen trotzdem zu den Meetings und die Möglichkeiten des Internet bleiben ungenutzt.

Doch es gibt Möglichkeiten, wie jeder den „digitalen ökologischen Fußabdruck“ deutlich verkleinern kann. Diese sind relativ einfach zu bewerkstelligen. Alles beginnt am heimischen Arbeitsplatz und bei der Frage, ob wir wirklich einen großen Desktop-Rechner mit viel Stromverbrauch benötigen, oder ob es nicht auch ein kleiner tut, wenn der alte ausgedient hat. Mein alter PC, den ich vor über 10 Jahren gekauft hatte, verbrauchte satte 120 Watt im „Leerlauf“. Er segnete vor kurzem das Zeitliche und ich musste einen neuen kaufen. Dieser fiel dann deutlich kleiner aus und so ist mein Stromverbrauch auf etwa 30 Watt für den PC gesunken.
Die zweite Möglichkeit, nachhaltig zu surfen, ist der Bezug von Ökostrom. Schon vor Jahren habe ich einen Vertrag bei der Naturstrom AG abgeschlossen. – Einer der vier wirklichen Ökostromanbieter in Deutschland, neben Lichtblick, Greenpeace Energy und EWS Elektrizitätswerke Schönau.
Auch beim E-Mail-Versand und der Nutzung einer Mailbox wird jede Menge Energie verbraucht. Die beste Möglichkeit, hier den Energieverbrauch zu drosseln, ist es zunächst einmal, unnötige Newsletter oder andere Mails, die man gar nicht liest und dennoch erhält, nach Möglichkeit abzubestellen. Dies ist bei Newslettern meist relativ einfach, bei anderen Mails kann es schon schwieriger werden. Und bei so genannten Spam-Mails bleibt am Ende doch nur eines übrig: Sie unbeantwortet in den Papierkorb zu verschieben. Alles in allem kann man somit ein wenig Energie sparen. Die zweite und sehr effektive Möglichkeit besteht darin, sich einen Webhoster zu suchen, dessen Server mit Ökostrom betrieben werden. Bei Greensta.de ist es z.B. möglich, sich 10 Mailadressen zu sichern. Zudem erhält man eine de-Domain, auf der man ggf. eine eigene Website publizieren kann. Es fallen nur geringe Kosten an und man kann sicher sein, dass man dadurch seinen individuellen digitalen ökologischen Fußabdruck reduziert.

Eine ganz andere Möglichkeit bietet die Suchmaschine ecosia.org. Den durch die Suche verursachten CO²-Ausstoß kompensiert der Betreiber von Ecosia direkt. Doch nicht nur das. Durch jede Suche trägt der Internet-Surfer dazu bei, dass Bäume in Brasilien gepflanzt werden. Denn 80 Prozent der Einnahmen spendet Ecosia für die Aufforstung. Bis jetzt (Stand 22.08.2014) wurden durch die Suchanfragen sage und schreibe 851.187 Bäume gepflanzt! Und durch eine wachsende Zahl an Nutzern wird sich diese Zahl immer schneller erhöhen. Also – suchen und pflanzen Sie mit!

Das Thema „Online-Shopping“ darf bei der Thematik auch nicht fehlen. Seit einiger Zeit steht mit Amazon ein Riese der Branche in den Schlagzeilen. Grund hierfür sind Konflikte mit der Gewerkschaft aufgrund niedriger Löhne und auch schlechten Arbeitsbedingungen. Zusätzlich gilt es zu bedenken, dass die Marktmacht dieses Anbieters enorm steigt und er seine Stellung früher oder später auch entsprechend ausnutzen kann. Gerade habe ich als Schriftsteller eine beunruhigende Entwicklung festgestellt. Um Verlage entsprechend gefügig zu machen und Ebook-Konditionen zugunsten von Amazon zu ändern, verzögert man die Lieferzeit von Büchern bestimmter Verlage. Bisher erhält Amazon 30 Prozent des Verkaufserlöses aus dem E Book-Geschäft. Nun möchte man auf 50 Prozent erhöhen. Dies bedeutet für die Autoren eine Kürzung von annähernd 30 Prozent. Und dies, wo das geistige Kapital und die Urheberschaft des veröffentlichten Werkes vom Autor ausgehen. Ohnehin erhält der Autor in der Regel nur ein Honorar im oberen einstelligen Prozentbereich für Bücher, die über den Buchhandel verkauft werden. Für viele Autoren, deren Werke nicht zu Bestsellern gepusht werden, wird sich durch diese Entwicklung die Schriftstellerei irgendwann gar nicht mehr lohnen. Gleiches gilt für kleine und mittlere Verlage, welche die Marktmacht von Amazon im Online-Buchhandel (etwa zweidrittel) und besonders im E Book-Verkauf existenziell bedrohen wird.
Warum also Bücher nicht direkt beim Buchhändler um die Ecke bestellen? Hier bekommt man noch professionelle Beratung dazu – und eine schnelle Lieferung. Heute bestellt, morgen schon da. Und wahrscheinlich wird der Händler die bereits oben erwähnten 10 Bücher für verschiedene Kunden bestellen und sie in einer Sendung erhalten. Daraus resultiert auch eine niedrigere CO²-Belastung, als wenn sich jeder ein einzelnes Päckchen nach Hause liefern lässt.
Vielleicht kann man sich auch für die gebrauchte Variante erwärmen? Oder die Bücher ausleihen?
Eine ganz interessante Plattform als Alternative zu großen Online-Shop-Monopolisten, die sich als Genossenschaft aufgestellt hat, ist unter fairnopoly.de zu finden. Unter dem Motto „Von Vielen für Viele“ können hier sowohl Privatleute als auch Unternehmen ihre Produkte zum Verkauf einstellen. Durch eine ausgeklügelte Filterfunktion wird dem Nutzer die Möglichkeit geboten, nach fairen oder nachhaltigen Produkten zu suchen. Es werden sowohl neue als auch gebrauchte Produkte angeboten.
Ein Viertel der Unternehmensgewinne wird an gemeinnützige Organisationen gespendet. Und jeder Verkäufer kann entscheiden, ob er die Einnahmen komplett behalten oder doch lieber an eine Organisation seiner Wahl spenden will.
Auf diese Weise wird Nachhaltigkeit ganz praktisch gelebt, gebrauchte Produkte verringern den ökologischen Fußabdruck des Käufers, nachhaltiger Konsum wird gefördert.

Im Großen und Ganzen gibt es sehr viele Möglichkeiten, das Netz ökologischer zu gestalten. Im Einzelnen sind es kleine Schritte, doch zusammen genommen kann es zu einem Quantensprung im Klimaschutz führen.
Jeder einzelne Surfer kann entscheiden, auf welcher „Welle“ er reitet. Auf der des Mainstreams, oder auf einer alternativen Route…

Christiane Loch
Author: Christiane Loch