Genmais – Die stille Invasion – aus der Reihe Neues vom Grünschreiber

Sie stehen in den Startlöchern und warten nur auf den Marschbefehl. Ihr Ziel ist klar formuliert: Die absolute Kontrolle.

Der kleinste Widersacher wird getötet, wenn er es wagt, sich ein Stück vom großen Kuchen nehmen zu wollen. Ein Kuchen, der so groß ist, dass man regelmäßig von ihm ganze Stücke entsorgt, weil sie einfach keiner essen kann. Doch das stört ihn nicht, den Despoten, der auf seinem Thron sitzt und schon längst eine Diktatur errichtet hat. Ziel ist nichts Geringeres als die Weltherrschaft. Dazu soll die Armee beitragen, die er in Kürze losschickt in die große Welt hinaus. Die USA haben seine Truppen schon längst besetzt, ebenso Teile Asiens. Nun ist Europa dran. Lange hatten sich die Regierenden geweigert, doch die Front ist zwischenzeitlich gebröckelt. Auch wenn die Bürger sich vehement gegen eine Invasion aussprechen – die Regierenden enthalten sich und schon kommt bald der große Sturm auf die Trutzburg.
Was wie ein spannender Abenteuerroman beginnt, ist leider Realität. Zwar sind es keine Soldaten, die auf unsere Grenzen einstürmen. Das wäre zu einfach, man würde sie sehen, könnte sie umgehen. Aber es sind vielmehr Gensequenzen, die ab Mitte des Jahres auf unseren Feldern eine Daseinsberechtigung haben werden. Ein genetisch veränderter Mais wird es auf unsere Äcker schaffen! Nach so langer Zeit des Widerstandes werden die Grenzen, die wir Bürger gezogen hatten, einfach übergangen.
Der Mais wird ein Gift produzieren, das den Maiszünsler – einen Schädling – abtötet. Dadurch werden Ernteeinbußen verringert und die Produktivität weiter gesteigert. Soweit die Theorie. Die Praxis sieht jedoch ganz anders aus. Einerseits weiß niemand, wie sich die genetisch veränderten Pflanzen dauerhaft auf die Ökosysteme und damit auch auf uns Menschen auswirken werden. Andererseits gibt es Beispiele aus anderen Ländern, in denen multiresistente Unkräuter entstanden sind. Man hatte Nutzpflanzen genetisch so verändert, dass sie gegen bestimmte Unkrautvernichtungsmittel resistent wurden. Das Argument war hier, dass man dann deutlich weniger Gifte versprühen müsse, um Unkräuter in Schach zu halten. Doch dieser Schuss ging nach hinten los. Resultat war nämlich, dass sich allmählich Unkräuter an die Unkrautvernichtungsmittel angepasst hatten, höhere Dosen und schließlich andere Gifte notwendig wurden. Und in manchen Regionen kämpft man nun nicht mehr mit dem Problem einzelner Unkräuter, sondern mit multiresistenten Wildpflanzen, denen die bisher eingesetzten Gifte nichts mehr anhaben können.
Der Nutzen der genetischen Manipulation ist in solchen Fällen daher gleich Null! Zugleich zeigen diese Beispiele, dass man eigentlich keine Ahnung hat, von dem, was man da tut und welche Konsequenzen es haben wird. Wichtig ist offenbar nur, dass man es tut. Schließlich – und nun kommen wir zum Despoten – verdienen sich multinationale Konzerne hierbei eine goldene Nase. Saatguthersteller,gleichermaßen Chemie-Konzerne, profitieren von der zunehmenden Abhängigkeit der Menschheit. Baut sich hier gar eine Art von Wirtschaftsdiktatur auf? Ich denke, dies ist zu befürchten. Hybrides, also nicht vermehrbares, Saatgut mit genetischen Verbesserungen verdrängt alte Sorten vom zunehmend industriellen Lebensmittelmarkt. Konzerne kommen mit Initiativen auf Regierungen zu, die ein Verbot von nicht zertifizierten Einheitssorten vorsehen. Somit wäre die ungeliebte Konkurrenz, nämlich alte und samenfeste Sorten, ausgeschaltet. Der Volksvertreter stimmt solchen Initiativen sogar zu oder lehnt sie zumindest nicht ab und enthält sich im Zweifel. Ist das nicht Besorgnis erregend? Ist es nicht Besorgnis erregender als potentielle fiktive Bedrohungen von Terroristen oder durch Russland auf der Krim?
Doch unabhängig davon: Die „Grüne Gentechnik“ wird als Entwicklungschance angesehen. Aber was maßt sich der Mensch eigentlich an, der erst seit wenigen Zehntausend Jahren mehr oder minder zivilisiert auf dieser Welt lebt? Etwa, dass er innerhalb weniger Jahrzehnte der Genforschung die Evolution der letzten hundertMillionen Jahre verbessern kann? Dass er Fehler ausmerzen kann? Ist es nicht nur ein Versuch, vom eigenen Versagen abzulenken? Der Maiszünsler ist schließlich ein vom Menschen eingeschleppter Schädling, wie so viele andere Arten, die Probleme bereiten. Istdie monokulturelle und industrielle Landwirtschaft vielleicht doch ein Flop? Resultat vieler Probleme ist jedenfalls der radikale menschliche Eingriff in die Natur durch gänzlich undurchdachte und egoistische Handlungen! Glaubt der Mensch, dass er mit Hilfe eines neuen radikalen Eingriffs – dieses Mal sogar ins Genom des Lebens – etwas von seinem angerichteten Schaden gut machen kann?
Was, wenn es schief geht? Was, wenn man in zehn Jahren bemerkt, dass der Freilandversuch die Versuchskaninchen – nämlich uns Verbraucher – allesamt früher unter die Erde bringt? Wenn man bemerkt, dass die genetisch veränderten Lebensmittel, ebenso wie die freigesetzten Pollen,das Erbgut anderer Organismen schädigen oder verändern? Man kann die Lebensmittel aus den Geschäften zurückholen, kann sie vernichten und somit aus dem Verkehr ziehen. Doch wen wird man losschicken, um mit ganz feinen Netzen die freigesetzten Pollen und die veränderten Gensequenzen in Wildpflanzen, Tieren und Menschen einzufangen. Wer wird sie wieder reparieren? Das ist schließlich unmöglich!
Ist es wirklich so unwahrscheinlich, ist es ein unangebrachtes Horror-Szenario? Panikmache?
Als man damit begann, Rinder mit dem Mehl aus zerkleinerten Artgenossen zu füttern, hätte man wahrscheinlich auch nicht damit gerechnet, dass dieser Kannibalismus eines Tages „BSE“ auslösen würde, was letztlich auch den Menschen in Form der „Creutzfeld-Jacob-Krankheit“ befallen würde. Dabei hätte man sich doch denken können, dass es keine gute Idee sein kann, einen Pflanzenfresser zum Fleischfresser und zusätzlich auch noch zum Kannibalen zu machen. Schließlich frisst eine Kuh in der „Natur“ niemals ihre Artgenossen auf. Doch auch damals hatte man diesen Drang offenbar in sich, alles zum Wohle der Menschen verbessern zu wollen… Oder besser: Zum Wohle der Produktivität und des eigenen Gewinnes.
Was, wenn es sich nach der Freisetzung von genetisch verändertem Mais und anderen Pflanzen ähnlich verhält? Wer wird dann die Verantwortung übernehmen? Keiner! Die mit der goldenen Nase werden sich schon längst abgesetzt haben oder sich unwissend geben. Die Ökosysteme und ihre Bewohner, damit auch die Menschen, werden mal wieder die Zeche zahlen.
Dies gilt es zu verhindern in Form von massivem Protest, sobald irgendwo ein Landwirt beabsichtigt, genetisch veränderten Mais anzubauen. Die großen Bio-Anbauverbände verbieten die genetische Manipulation und man sollte daher auch von ihnendie Lebensmittel kaufen. Und vor allem heißt es auch, bei der Europawahl im kommenden Mai ein klares Zeichen zu setzen und jene abzustrafen, die sich einfach mal zum „Unentschieden“ entschieden haben, als es darum ging, den Willen der deutschen Verbraucher deutlich zu machen. Jene, die vom Volksvertreter zum Volksverräter wurden…

Christiane Loch
Author: Christiane Loch