Gedankensaatgut – Neues vom Grünschreiber

GedanksaatgutAllmählich steht der Herbst vor der Tür. Zwar bäumt sich der Sommer mit einigen heißen Tagen noch einmal richtig auf, doch der kühle Morgen, an dem Nebelbänke aus den Feldern aufsteigen, offenbart, dass das Jahr schon weit fortgeschritten ist. Der Herbst scheint sich für viele wie ein nebliges Schreckgespenst über die Welt zu legen. Tristesse, nasskaltes Grau am Himmel, Erkältungszeit, fehlender Sonnenschein… Zugleich jedoch ist der Herbst auch die Jahreszeit der bunten Wälder und Weinberge, der mit Tau bedeckten Spinnweben, der Pilzsammler und überhaupt der Ernte. Kürbisse wachsen im Garten, bieten in ihren Formen eine derartige Vielfalt, ebenso in den Farben und dem Geschmack. Da gibt es den kleineren Baby Bear oder Hokkaido, den „Ungarischen Blauen“ oder den größeren weißen „Pattison“ mit ganz spezieller Form. [caption id="attachment_2446" align="alignright" width="300"]Gedankensaatgut Ungarischer Blauer[/caption] Alle haben eins gemein: Sie schmecken hervorragend als Suppe zubereitet und am besten aus dem eigenen, nachhaltig bewirtschafteten Garten. Oder eben vom Bio-Landwirt um die Ecke. Auch die frühen Apfelsorten sind bereits reif, bald kann man sich auch die Birnen schmecken lassen. Und die Walnüsse sowieso. Vorausgesetzt, da hat nicht die eingeschleppte Walnussfruchtfliege ihre Eier abgelegt. Ansonsten fallen nämlich die Nüsse mitsamt der eigentlich grünen Hülle vom Baum und beginnen zu faulen. Schließlich schimmelt auch das Innere der Nuss und sie ist ungenießbar. Am Baum angebrachte Gelbtafeln Anfang Juni, die eigentlich vor einem Kirschfruchtfliegenbefall schützen, sollen hier wirken. Der Herbst wird es bei mir im Garten zeigen, aber anhand der festgeklebten Fruchtfliegen an den Gelbtafeln lässt sich schon ein Erfolg erkennen. Einen Teil der Kartoffelernte habe ich in diesem Jahr bereits eingebracht. Gelegt hatte ich einige alte Sorten, darunter die „Schwedische Blaue“ und „Tannenzapfen“. Alles in puren Kompost, der aus dem Biogaskraftwerk ganz in der Nähe stammt, in dem die Abfälle der Biotonnen der Region verarbeitet werden. Auf den ersten Blick scheint der Kompost den Erdäpfeln gut getan zu haben. Kartoffelkäfer haben sich übrigens, wahrscheinlich auch dank des Planzen-Nachbarn „Kapuzinerkresse“ gar nicht erst eingefunden. Auch der Knoblauch ist nun allmählich reif zur Ernte. Ich habe ihn schon weitgehend aus der Erde geholt und ihn zum Trocknen aufgehängt. Einen Teil der geernteten Zehen werde ich jedoch direkt wieder in die Erde stecken, vor allem rund um meinen kleinen Pfirsichbaum, der sich immer mit der Kräuselkrankheit herumschlagen muss. Ich habe nun den kompletten Bewuchs rund um den Stamm entfernt, den Boden aufgelockert und mit torffreier Pflanzerde vermischt. In kürze werden hier einige Knoblauchzehen dem Bäumchen Gesellschaft leisten. Der Knoblauch wird nämlich nicht nur in der Pflanzenheilkunde als natürliches Anti-Pilz-Mittel eingesetzt. Er fungiert auch im Beet als natürliches Pflanzenschutzmittel, wehrt Pilzbefall ab. Und welches Pflanzenschutzmittel kann von sich schon behaupten, dass es auch noch im Zaziki gut schmeckt…? Ganz nebenbei werden die stinkenden Zehen auch noch einen Platz unter den Traubenstöcken im Garten finden. Mehltau und andere Pilzsporen werden so vielleicht auch einen großen Bogen um die Reben machen. Und zwischen den Erdbeeren findet sich vielleicht auch noch ein Plätzchen. [caption id="attachment_2454" align="alignright" width="300"]Gedankensaatgut Die Pilze im Keller[/caption] Von ganz anderen Pilzsporen kann ich momentan wiederum nicht genug bekommen. Denn in meinem Keller fand vor kurzem eine Steinchampignon-Kultur ihren Platz zum Wachsen. Und sie ist auch schon kräftig dabei, Fruchtkörper zu bilden. Ans Pilze sammeln draußen in der Natur habe ich mich bisher noch nicht heran getraut, auch mangels Fachwissens. Also muss zunächst einmal der Kulturpilz herhalten. Und wenn dieses Vorhaben erfolgreich funktioniert, werden im nächsten Jahr auch einige verschiedene Pilzbeete im Garten angelegt werden. Speziell unterhalb des Walnussbaumes, unter dem wirklich fast keine Pflanze gedeihen möchte, würden sich Pilze vielleicht ganz wohl fühlen. Champignons, Shitakee, Austernpilze oder Stockschwämmchen. Hier gilt es dann zu experimentieren, welche Pilze hier geeignete Nachbarn sind und ob es hier Unterschiede gibt… Der Herbst weckt in vielen Menschen das Gefühl des Absterbens. Die Blätter fallen, alles wird kahl, die Sonne verschwindet hinter scheinbar ewig verschleiernden Wolken und es wird kühl und nass. Doch der Herbst erweckt auch einiges zum Leben und in der Jahreszeit hat der Garten auch noch vieles zu bieten. Temperaturen unter 12 °C lassen beispielsweise den Samen des Winterpostelein oder auch Winterportulak erst keimen. Vielen unbekannt, ist dieser eine Pflanze, die sehr viel Vitamin C enthält. Ursprünglich stammt sie wie viele heute genutzte Kulturpflanzen aus Nordamerika. Viel Vitamin C ist auch im Holunder enthalten, dessen Beeren im frühen Herbst reifen und sehr gute Säfte und Gelee ergeben. Jedoch dient er auch Vögeln als Futterquelle. Also heißt es hier, wie bei allem, mit Maß und Ziel zu ernten und einfach mal einen Teil für die Vogelwelt stehen zu lassen. [caption id="attachment_2448" align="alignright" width="300"]Gedankensaatgut Feldsalat[/caption] Neben der Aussaat von Winterpostelein ist auch die Saat von Feldsalat möglich. Zu empfehlen ist hier sogar eine Kältebehandlung. Was nach einer sehr radikalen Methode klingt, wirkt jedoch Wunder. – Man packt das auszubringende Saatgut in eine Plastiktüte und legt diese für etwa eine Woche ins Gefrierfach! Das hat einen guten Grund. Der Samen des Feldsalats besitzt eine Art von Keimhemmung, die dafür sorgt, dass er erst ab einer bestimmten Umgebungstemperatur keimt. Wenn es nun relativ lange noch zu mild ist oder man sät den Salat bereits im August, bleibt der Samen liegen, wird lange Zeit feucht und beginnt irgendwann zu faulen, wird von Schimmelsporen befallen. Damit ist die Saat dahin. Frost ist daher quasi der Sprint-Start für den Feldsalat… Auch Winterkopfsalat oder auch Eissalat lassen sich im Herbst noch säen und pflanzen. Und in diesem Jahr habe ich ein kleines Experiment gestartet. Ich habe mir Saatgut für Winterweizen gekauft. Mangels Platz im Gartenbeet habe ich mir zwei alte Regenrinnen besorgt, sie mit einer Mischung aus Kompost und Erde gefüllt und vorher darin bereits einige Radieschen heran gezogen. – Übrigens mit verblüffendem Erfolg! Nun habe ich die Erde noch ein wenig mit Kompost angereichert und jede Menge Winterweizen eingesät. Ich bin gespannt. Kommt so viel Korn zusammen, damit ich es für ein selbst gebackenes Brot nutzen kann? Ein Versuch ist es wert und auch Einkorn – ein Urgetreide – wird in kürze noch im Garten einen Platz finden. Alles im Herbst gesät fürs Leben im neuen Jahr. SONY DSCVielleicht ist es mit der Aussaat ein wenig wie mit den Emotionen. Was man erntet hängt immer von dem ausgebrachten Samen aus. – Wie man sich fühlt hängt von den Gedanken ab. Denken wir an die guten Dinge des Herbstes. An das Kinderlachen beim Basteln der Kastanienmännchen und beim Drachensteigen. – An das bunte Laub im Wald, das dem Boden und vielen Waldbewohnern Nahrung fürs nächste Jahr bietet. – Den süßen Rebensaft, der bei der Traubenlese entsteht… Denken wir an mystisch anmutende Nebelbänke im roten Licht der Morgensonne, den perlschnurartig aufgereihten Tautropfen auf Spinnweben oder Blättern, die wunderschönen Vogelschwärme, die über den Himmel gen Süden ziehen. Freuen wir uns auf den modrigen Geruch des Waldes, die frischen Pilze, die guten Äpfel und Birnen im Garten und den leckeren Duft von frisch gekochtem Holundergelee. Und selbst am trübsten Novembertag machen wir uns eines bewusst: Der Winter ist nicht mehr fern und nach ihm folgt bereits das Frühlingserwachen. Zeit, um neue Gedanken zu säen…

Christiane Loch
Author: Christiane Loch